· Neues aus dem KV

„Er war nur Rotkreuz, er war immer unterwegs ...“

Foto: R. Nolting
Fritz Jünger und seine Nachfolgerin für die Kreisgeschäftsführung, Katja Potzies. (Foto: R. Nolting)

Ende April 2018 verabschiedete sich Fritz-Jünger in den Ruhestand und übergab die Geschäftsführung des DRK Kreisverbandes Berlin-Zentrum an Katja Potzies. Im Gespräch mit dem rotkreuzmagazin tauschen beide Ihre Wünsche und Visionen für das Deutsche Rote Kreuz und den Kreisverband aus.

Dieses vorab hier veröffentlichte Gespräch erscheint am 4. Juni 2018 im nächsten Rotkreuzmagazin. Alle Ausgaben des Magazins finden Sie auf den Seiten des Landesverbandes Berliner Rotes Kreuz. Am 26. April hatte der Kreisverband Berlin-Zentrum zur Verabschiedung von Fritz Jünger in den Landesverband eingeladen. „Er war nur Rotkreuz, er war immer unterwegs ...“ sagte der Kreisvorsitzende Wilfried Weber bei seiner Laudatio. Nach der Feier nahmen Jünger und Potzies sich Zeit für dieses Gespräch. Potzies: Sie waren über 30 Jahre aktiv beim DRK, da gab es doch sicher den einen oder anderen Moment, der Ihnen ganz besonders am Herzen liegt. Jünger: Ein Höhepunkt war ein Einsatz als Sanitäter am Brandenburger Tor 1987. Zehntausende Menschen waren an der Straße des 17. Juni. Ich stand ziemlich weit vorne als der damalige US-Präsident Ronald Reagan sagte „Mr. Gorbachev, tear down this wall!“. Das war ein unglaublich bewegender Moment, den ich nie vergessen werde. Damals hätte ich nie gedacht, dass ich zwei Jahre später, als dann die Mauer wirklich fiel, in Ost-Berlin unterwegs sein würde um als Sonderbeauftragter die Vereinigung der West- und Ost-Berliner DRK-Kreisverbände vorzubereiten. Und das, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, mit einem 12 Kilo schweren Mobiltelefon in einem schwarzen Koffer – der brachte mir damals eine Zeit lang den Spitznamen „Koffer-Fritz“ ein. Potzies: 2017 war bestimmt ein weiterer Höhepunkt, da hatten Sie die Fusion der Kreisverbände Tempelhof/Kreuzberg und Berlin-City zum neuen Kreisverband Berlin-Zentrum mit auf den Weg gebracht. Was waren die Gründe für die Fusion? Jünger: Es gibt da ein Sprichwort von Earl Edward George Bulwer-Lytton, das ich sehr passend finde: „Die Instandhaltung von Luftschlössern ist ein kostspieliges Vergnügen“, wusste der englische Romancier und Politiker schon vor rund 150 Jahren. Das allein ist schon Erklärung genug. Aber dazu gehört der Blick auf die Kosten: ein Jahresabschluss, ein Steuerberater, ein größeres Potential an ehrenamtlichen Helfern, kurz gesagt: Synergieeffekte, mehr Ressourcen für die inhaltliche Arbeit auf allen Ebenen. Sie sind selbst ehrenamtlich aktiv, in Ihrer Kirchengemeinde. Wie sehen Sie das als jüngerer Mensch, ist ein Ehrenamt überhaupt noch zeitgemäß? Potzies: Ja, das auf jeden Fall! Die Herausforderung ist hierbei sicherlich, sich an die neue Kultur anzupassen. Ehrenamt wird es immer geben, aber es wird projektbezogener werden und die Intervalle, in denen sich die Menschen engagieren werden kürzer. Lob und Anerkennung sind daher sehr wichtig, ohne die ist es schwierig, Ehrenamtliche zu halten. Jünger: Stimmt. Gelebte Wertschätzung ist wichtiger als z. B. Ehrenamtskarten. Auch das Erlebnis der Gemeinschaft bringt viel mehr als irgendwelche Vergünstigungen. Potzies: Gemeinschaft ist ein gutes Stichwort. Sie ist ein wichtiger Wert, den das DRK bedienen und erfüllen kann. Ganz gleich wie alt man ist oder welche Interessen man hat, bei uns findet jeder die für ihn passende Gemeinschaft – sei es beim Jugendrotkreuz, im Second-Hand-Laden oder im Frühchen-Projekt. Wir bieten Gemeinschaft und Hilfe. Das finde ich so großartig am DRK. Darüber hinaus kann man sich im geschützten Raum ausprobieren und weiterentwickeln. Jünger: Weiterentwickeln, das ist das Stichwort. Wie sieht denn Ihre Vision für die Zukunft unseres Kreisverbandes aus? Potzies: Ich möchte Ihre gute Arbeit gerne fortsetzen. Die Fußstapfen, die Sie hinterlassen, sind groß. Und die Aufgaben, die auf mich warten, sind sehr vielfältig. Das reizt mich auch an dieser neuen Aufgabe. Etwas fortzusetzen, das so gut läuft, ist für mich eine Ehre. Jetzt spiele ich den Ball zurück: Was wünschen Sie sich für die Zukunft des DRK? Jünger: Das DRK ist eine große Organisation. Ich wünschte, wir würden uns auch so verhalten. Es ist Zeit für eine Gesamtorganisation auf Bundes-, Landes- und Kreisverbandsebene. In Berlin ist die Situation besonders verquer. Viele unserer Kreisverbände entsprechen nicht den Bezirksgrenzen. Das versteht doch keiner. Bei der Fusion zum Kreisverband Berlin-Zentrum gab es keinen Verlust von Funktionen oder Arbeitsplätzen. Also wovor haben wir Angst? Jetzt sind wir acht Kreisverbände. Drei wäre doch eine gute Zahl. Ein Dreifuß steht doch äußerst stabil. Fritz Jünger (64) lernte und arbeitete bei der Volkswagen AG. Nach dem Grundwehrdienst arbeitete er im Arbeitsamt II und in der Personalabteilung der BSR. Seit 1985 war er für das Berliner Rote Kreuz in der Personalleitung und als Referent der Landesgeschäftsführung tätig, seit 1999 für Kreisverbände und Gesellschaften des DRK als Geschäftsführer. Katja Potzies (47) war nach ihrem Studium der Wirtschaftswissenschaften einige Jahre als Journalistin tätig. Danach war sie bei der BIM Berliner Immobilienmanagement GmbH für den Bereich Personal, Kommunikation und Zentraler Service verantwortlich. Zuletzt arbeitete sie als Verwaltungsleiterin bei der Evangelischen Kirche. Das Gespräch moderierte Regina Radke-Lottermann/Berliner Rotes Kreuz.